Zurück in der Gegenwart
Was hat sie nun schon wieder für einen Hirsebrockenbrei im Kopf werden sie sich bei der aktuellen Überschrift denken. Gegenwart? Zurück?
Lassen sie Frau ein bisschen weiter ausholen …
Seit vielen vielen Wochen waren die bavarianische Kleinstadt und ihre Mitbürger in Aufregung. An jeder Ecke wurde emsig gewerkelt, dekoriert und aufgehübscht. Ein halbes Jahrtausend und einen Apfel und ein Ei Belagerung wurden gefeiert. Mittelalterlich sollte es werden.
Aus dem früheren Leben weiß Frau noch, dass so ein Fest (sei es nun because of Hafen oder Mittelalter – Fest bleibt Fest) Geschmackssache ist. Frau entschied sich vorweg für schlechten Geschmack. Flüchten wollte sie mit der gesamten Sippschaft. Aber 10 Tag lang flüchten? Wer nimmt uns so lang auf? Wahrscheinlich keiner. Also hieß es Zähne zusammenbeißen.
Woche für Woche verwandelte sich das Städtchen mehr und mehr in ein Zeltlager. Holzhütten und Pferdestelle wurden im Park in den Weg gebaut.
Um den Spannungsbogen nun nicht endlos zu spannen, drehen wir ein bisschen an der Uhr. Festeröffnung. Jetzt.
Als Anwohner haben die Bewohner der gelben Stadtvilla einen gelben Passierschein erhalten. Kostenloser Eintritt, wann immer es ihnen beliebt. Sehr reizvoll.
Die Sippschaft samt zugereistem Besuch aus dem Badenwürttembergischem durchschreiten das neu aufgebaute Stadttor.
*zauberwirbelhexhex*
Mittelalter. Jetzt. Gar zauberhaft mutete das Areal an. Feuerplätze. Burgfräulein. Bettler. Adlige. Normalsterbliche. Zwischendrin die Sippschaft – in Tshirt und kurzen Hosen. Herrlich.
Frau revidierte ihre schlechte Einstellung direkt und ward erfasst von der Stimmung. Die zauberhaften Mittelalterkinderchen. So viele. Da muss irgendwo ein Nest gewesen sein.
Entgegen der Annahme es würden sich verkaufsorientierte Holzbuden an verkaufsorientierte Zelte reihen, fand man lediglich ein, zwei nett anzuschauende Hütten. Hach sehr sehr toll.
Die Spielmannszüge und Kanonen weckten uns nahezu täglich. Zehn Tage lang. Sonntags sogar um Sieben Uhr mit drei Kanonenschüssen. Könnte Frau gut Kirschkernweitspucken, könnte sie die Kanone aus dem Bürofenster abkirschkernweitspuckschießen. Kann sie aber nicht. Frau wollte ihnen nur die Entfernung zwischen reinkarnationsfladischer Behausung und Kanone metaphorisieren.
Das Kind (zwischenzeitlich auf Michel getauft – sie werden noch sehen wieso) schnorrte bei den Stadtsoldaten Fleisch, in dessen Genuss auch Herr Reinkarnationsfladen kam.
In diesen Zehn Tagen gab es auch einen blauen Montag. Der Mann verschwand irgendwo in den Niederlanden und das Kind im Kindernest. Der Hund ruhte irgendwo in der gelben Stadtvilla. Zeit genug für Frau um ein mittelalterliches Etwas fürs Kind zu zimmern. Das Internetstudium am Tag zuvor, war eine enttäuschende Niederlage.
Der passende Stoff schlummerte sogar schon im Stofflager.
Ratzfatz auskopiert, ausgeschnitten, verschnitten, ausgeschnitten, gesteckt, genäht. Fertig. Am nächsten Tag noch eine Hose hinterhergeschoben. Die Zutaten fürs Mittelalterkind waren komplett – abgesehen von den neumodischen Hightechsandalen. Aber darauf würde sicher keiner achten.
Das Kind bewegte sich in diesem Aufzug frei über das riesige Festareal. Eroberte den Springbrunnen und so manches Besucherherz.
Zehn Tage lang Mittelalter waren toll, toller, tollst.
Lassen sie nun die angehängten Bilder auf sich wirken und grämen sie sich, weil sie nicht Teil dieses Mittelalterfestivals waren.
Und weg isser.
Um das Volumen des Eintrags nicht zu sprengen, enthalte ich ihnen den Michel aus Bullerbü noch ein wenig vor.
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